Trinkreife Weine aus den Appellationen von Bordeaux
Das Jahr in dem ein Wein entstanden ist spielt eine maßgebende Rolle in dessen Qualität, Preis und Bewertung. Es hängt hauptsächlich mit den Wetterbedingungen des jeweiligen Jahres zusammen, unter welchen die Trauben herangewachsen sind. Es gibt viele Einflüsse, die ein Weinjahr zu einem großen Jahrgang machen.
Allgemein kann man sagen, dass die folgenden Grundlagen gegeben sein müssen, um einen guten Jahrgang zu erwarten: ausreichender Sonnenschein -um die optimale Ausreifung der Beeren zu gewährleisten- Regen – aber in Maßen und nicht während oder kurz vor der Lese, um Fäulnis zu vermeiden – kühle Nächte, warme Tage – und leichte Winde, um die Beeren zu trocknen. Dazu kommen aber noch individuelle Einflüsse, die einen guten Wein ausmachen und von vornherein gegeben sein müssen, wie das Terroir, die Lage des Weinberges, das Alter der Reben, die Kunst des Winzers, die Bodenstruktur, Wasserversorgung, Sonnenausrichtung etc. Erst wenn diese Grundlagen erfüllt sind, könnenen die Bedingungen eines Jahres die Qualität eines Weinjahrgangs verändern.
Diese Qualität eines Jahrganges lässt sich in seinem Alterungspotenzial messen. Jeder Wein hat einen Lebenszyklus, dessen Höhepunkt die perfekte Trinkreife angibt. Frische Weißweine sollten jung getrunken werden und gerade Rotweine aus warmen südlichen Ländern sollten gelagert werden. Wenn diese Weine auf die Flasche gezogen werden sind sie noch zu jung, zu unreif, die Tannine noch zu grün und rau und der ganze Wein ist noch nicht rund. Deswegen lässt man diese Weine liegend in Kellern lagen, um sie dann bei optimaler Reife öffnen zu können. Je besser der Jahrgang war, desto länger kann man demnach einen Wein lagern lassen und desto schöner ist auch seine Entwicklung und seine Trinkreife. Die Kehrseite dabei ist, dass Weine auch überlagert sein können. Es gibt nur wenige Jahrhundertweine, die tatsächlich über mehrere Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte gelagert werden können und immer noch eine perfekte Gaumenfreude sind. Die meisten Weine sind schon nach 10 Jahren bereit geöffnet zu werden und entfalten dann ihr volles Aroma.
Die Trinkreife eines Weines ist also erreicht, wenn die Tannine rund und reif sind, sich perfekt in den Wein eingebunden haben und der Wein ausgewogen, rund und harmonisch ist. Die Aromen kommen voll zur Geltung und es herrscht eine perfekte Harmonie von Säure, Alkohol, Tannine und ggf. Zucker.
Gerade die Weine aus Bordeaux sind bekannt für ihr gutes Alterungspotenzial. Zum einen liegt das an der typischen Rebsortenauswahl: Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Petit Verdot, Malbec und Carmenère. Diese roten Traubensorten passen sich sehr gut an die Gegebenheiten der Region an und können durch den Ausbau im Barrique und durch den hohen Alkoholgehalt sehr lange aufbewahrt werden und verbessern sich durch die Lagerung in der Flasche. Zum anderen liegt das aber auch an dem günstigen Klima, das die bordelaiser Weine beeinflusst. Das Klima unterliegt dem vom Golfstrom erwärmten Atlantik und breitet sich über die Gironde auf das gesamte Gebiet um Bordeaux herum und ins Landesinnere aus. Die Reben werden so von Frost im Winter und Frühjahr geschützt.
Wir haben Ihnen einige Beispiele für Weine aus Bordeaux zusammengestellt, die momentan ihre optimale Trinkreife erreicht haben.
Anfang Mai begann eine lange Kältephase und schlechtes Wetter setzte ein, was die Blüte verlangsamte. Nach einer leichten Erholung im Juli war der August nicht optimal. Allerdings trat im September ein Wunder ein und ein „Indian Summer“ verwöhnte die Reben bis Mitte Oktober. Dieser bemerkenswerte Sonnenschein beschleunigte die Ausreifung der Beeren. Der Cabernet Sauvignon des linken Ufers erreichte die beste Reife: die Weine, deren Hauptbestandteil aus dieser Rebsorte besteht, sind reich, kräftig, ausgewogenen und tief, mit einer tollen Tanninenstruktur. Sie haben ein sehr gutes Alterungspotenzial und beweisen wahre Raffinesse. 2002 ist ein klassischer Jahrgang, der in Mitten von exzeptionellen Jahrgängen liegt und so sein Potenzial für wahre Kenner offenbart.
Die ersten Blätter erschienen Anfang März und die Blüte begann Ende Mai, was eine frühe Weinlese ankündigte. Ab dem 1. August wehte ein heißer Wind aus dem Süden und verwandelte ganz Frankreich in einen Ofen verbunden mit einer schweren Dürre. Am 20. August wurde die Hitzewelle von Westen beendet. Während der Primeur Verkostungen hatten Prognosen einen außergewöhnlichen Jahrgang angekündigt, denn diese klimatologischen Bedingungen versetzten die Reben unter Stress, was eine Vorraussetzung für eindrucksvolle Weine ist, da sich die Rebe mehr anstrengen muss. Ein sehr untypischer Jahrgang, der kräftige, tanninenreiche Weine geschaffen hat, die lange lagern mussten. Wer jedoch diese Geduld aufgewiesen hat, wird mit einem exzellenten Wein belohnt.
2004 zeigt eine sehr gute Rotweinqualität. Der Juni war sonnig und trocken, was eine schnelle Blüte förderte, mit einem minimalen Unterschied zwischen den verschiedenen Rebsorten. Das relativ milde Wetter setzt im Juli ein, aber es veränderte sich ab dem 15. August. Die Wahrscheinlichkeit einer späten Lese beunruhigte alle, aber wie in 2002 bewirkte eine herrliche erste Septemberhälfte eine drastische Wende. Das Ergebnis: die Stärke von 2004 war vor allem seine außergewöhnliche Regelmäßigkeit der Qualität. Alle Regionen hatten gleich gute Reifegrade und alle Rebsorten waren ebenmäßig ausgereift. Der 2004er ist geradezu dafür gemacht zu altern und zeigt köstliche Noten von roten Früchten und zartem Eichenholz, einen fleischigen Körper, seidige Tannine und eine bemerkenswerte Konzentration.