Es rumort im Weinbau und der Übergang vom konventionellen zum biologischen Anbau wird von immer mehr Winzern in Erwägung
gezogen. Darüber hinaus beginnt die Biodynamie ihren Siegeszug. Gerade die frz. Weinregionen Burgund, Rhone-Tal, Languedoc-Roussillon sind Vorreiter auf diesem Gebiet. Grands Crus und große Champagnerhäuser steuern auf ihrer Suche nach exzellenten Qualitäten ebenfalls immer weiter in Richtung Nachaltigkeit und biologische Vielfalt. Und einige unter ihnen, wie zum Beispiel die legendären Burgunder Romanée-Conti und Leroy erklären die Biodynamie für so selbstverständlich, dass sie es nicht einmal nötig haben, darüber zu kommunizieren.
Die großen Tendenzen
Unter den verschiedenen Weinbaumethoden zeichnen sich 3 große Tendenzen ab. Dazu gehören der konventionelle, aber umweltbewusste Weinbau, der sich nach den allgemeinen Normen richtet und Bewusstsein für Nachhaltigkeit und biologische Vielfalt mit einschließt, jedoch ohne ein offizielles Bio-Label zu tragen. Der biologisch zertifizierte Weinbau, der sich den strengen Richtlinien der Öko-Verordnung unterordnet und der biodynamische Weinbau, der mit der direkten Einbindung der Natur und des Universums noch einen ganzen Schritt weiter geht.
Im Wirrwarr der Möglichkeiten
Über die geschmacklichen Unterschiede zwischen konventionellen, biologischen und biodynamischen Weinen streiten sich die Weinliebhaber. Generell ist es schwierig die Ansätze in Schubladen zu schieben oder nach Qualität zu ordnen. Die Herstellungsmethoden konventioneller, sowie auch natürlicher Weine können unterschiedlicher nicht sein. Zahlreiche biologisch arbeitende Weingüter mit Top-Bewertungen werden von der Appellation nicht anerkannt, da sie den Normen nicht entsprechen. Und andersrum gibt es zahlreiche Winzer, die über die Normen hinaus ihr Bestmögliches geben, um biologisch nachhaltig zu produzieren und nur aufgrund von Kleinigkeiten kein Bio-Siegel tragen.
Der biologisch zertifizierte Weinbau
Im Zentrum des biologischen Weinbaus steht der Respekt vor dem
natürlichen Gleichgewicht. Chemische Pflanzenschutz- und Düngemittel sind somit verboten. Stattdessen werden Dünge- und Pflanzenschutzmittel natürlichen Ursprunges wie Kupfer oder Schwefel verwendet, um die Reben in ihrem Wachstum zu unterstützen und zu schützen. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Erhalt der Qualität von Boden, Luft und Wasser, sowie der biologischen Vielfalt. Außerdem arbeiten biologische Weingüter bei der Gärung mit natürlichen Hefen, wobei es nicht immer sicher ist, dass diese Hefestämme keine Weinfehler produzieren. Die Weine dürfen höchstens 0,9 % gentechnisch verändertes Material beinhalten.
Warum hinken die Châteaux in Bordeaux hinterher, wenn es um biologische Nachhaltigkeit geht?
Dies hat nichts mit dem allzu beliebten Klischee der Bordelaiser Traditionsversessenheit zu tun. Die Schwierigkeiten in der Konvertierung zum biologischen Weinbau liegen vielmehr im feuchten Atlantikklima, welches das Risiko für Rebkrankheiten erhöht. Biologischer Weinbau hat es hier schwer, da die Weingüter ohne den Einsatz von Fungiziden Ertragseinbüßen riskieren würden. Außerdem würde der biologisch zertifizierte Anbau bedeuten, dass Weinstöcke nur mit Kupfer gegen Mehltau geschützt werden können, was für das Gleichgewicht des Bodenlebens nicht unbedingt zuträglich ist. Deshalb bevorzugen die Châteaux traditionelle Mittel in Maßen einzusetzen, um die Reben zu schützen ohne das Bodenleben zu zerstören.
Châteaux, die dennoch biologisch zertifizierte Weine produzieren, machen 6% der gesamten Bordeaux-Produktion aus. Zahlreiche Grands Crus experimentieren mit biologischen Anbaumethoden und arbeiten seit Jahren an der Umstellung. Unter ihnen, Château Margaux, Château Palmer oder Smith Haut Lafite. Doch es ist gar nicht so leicht dem von häufigen Regenfällen geprägten Atlantikklima ein Schnippchen zu schlagen.
Kommentar von Paul Ponallier, Technischer Direktor von Château Margaux
“It’s not a religious choice, but long-term, we have to go increasingly organic – this is the way forward for us…The fact that we are now almost entirely organic and yet didn’t lose a single berry in 2012 is proof that we can do it. Last year was set to be our first organic Château Margaux, but in the end we had to spray once,…If there’s a high risk of losing some of our crop one year, then we’ll spray. There’s no point sacrificing your children for your principles, and my grapes are like children to me…” (Quelle: drinksbusiness)
Der biologisch-dynamische Weinbau
Der biologisch-dynamische Weinbau geht noch einen Schritt weiter als der biologische Weinbau und ist im Anklang an die Vortragsreihe über die biologisch-dynamische Landwirtschaft vom Anthroposophen Rudolf Steiner 1924/1925 entstanden. Es handelt sich um das tiefgreifende Verständnis des Zusammenspiels natürlicher Gegebenheiten und Elemente. Zusätzlich zu den Bestimmungen des ökologischen Anbaus werden organische und pflanzliche Präparate unter Beachtung des Mondkreislaufs und der Planetenpositionen eingesetzt, um die Wirkung der Anbaumaßnahmen zu unterstützen. Anstatt die Erträge zu maximieren, visieren diese Präparate eher einen Ausgleichseffekt an. In guten Jahren fallen die Erträge geringer als bei vergleichbaren biologisch arbeitenden Betrieben aus. In schlechten Jahren führen die biodynamischen Maßnahmen zu gesünderen Ernten. Der Winzer begreift sich als Begleiter seiner Reben, der sie in ihrem natürlichen Wachstum schützt und stärkt, anstatt sie zu leiten.
Michel Chapoutier fasst die Prinzipien schön und prägnant zusammen und übersetzt das Wortgeflecht mit „Bio“ für Leben und „Dynamie“ für „in action„.
„Der Mensch kann nicht über die Natur herrschen. Er braucht sie und nicht sie ihn. Die Aufgabe des Menschen im Weinbau ist es die Rebe zu begleiten, zu stärken und zur Autonomie zu bewegen, ohne dass sie auf ihn angewiesen ist. Respekt vor der Natur und Bescheidenheit sind die zwei Schlüsselwörter dieser Philosophie.“ (Alain Moueix, Pionier des biologischen Anbaus und der Biodynamie in Bordeaux, Mitglied bei Biodyvin)
Vorreiterregionen der Biodynamie sind das frz. Rhonetal und Languedoc Roussillon. Zu den biodynamisch arbeitenden Grands Crus zählen Château Pontet Canet in Pauillac, Château Guiraud in Sauternes, Château Fonroque und Château Moulin du Cadet in Saint Emilion.