Das Erlebnis eines gereiften Bordeaux

Das Erlebnis eines gereiften Bordeaux

In unserer neuen Serie wollen wir alten Weinen auf den Grund gehen und herausfinden was das Öffnen einer gereiften Flasche Wein so besonders macht. Einen Wein aus seinem Geburtsjahres oder der Hochzeit zu öffnen ist ein tolles Erlebnis um sich an schöne Momente zurückzuerinnern. Nur was macht sie so besonders und wo liegt das Potenzial dieser Weine.

Ab wann bezeichnet man einen Bordeaux-Jahrgang als gereift/alt?

© Pichon Baron

© Chateau Pichon Baron

Die Frage ab wann ein Bordeaux alt ist kann man nicht so einfach sagen, manche Bordeaux öffnen sich nach frühestens 10 Jahren und sind da noch so jugendlich, als wären sie gerade erst abgefüllt worden, ein gutes Beispiel hierfür sind die Weine von Latour, die unglaublich lange brauchen um zu reifen. Andere Weine aus Bordeaux sind nach 10 Jahren kaum mehr einen Genuss wert. Daher ist vielleicht „alt“ das falsche Wort, vielmehr treffend ist hier „gereift“. Einen Bordeaux der rund 10 Jahre alt ist, kann man nun getrost als gereift bezeichnen. Die Weine vom linken Ufer, also dem Mèdoc, sind aufgrund der des höheren Cabernet Sauvignon Anteils meist länger lagerfähig und in den ersten Jahren sehr verschlossen, trocken und hart. Durch einige Jahre oder sogar Jahrzehnten der Lagerung werden die Weine unglaublich komplex und vielschichtig. Dies liegt daran, dass sich das Tannin der Weine im Wein einbindet und sich die Säure der Weine etwas reduziert. Hierfür ganz wichtig ist eine optimale Lagerung der Weine, also konstant-kühle Temperaturen (10°-14°), an einem dunklen Ort sowie eine Luftfeuchtigkeit von rund 70%. Näheres zur Lagerung finden Sie in unserem Blogbeitrag über die perfekte Weinlagerung. Cabernet Sauvignon ist mit Sicherheit eine der besten Rebsorten für eine lange Lagerung. Daher sind die Weine vom linken Ufer meist etwas länger lagerfähig als jene vom rechten Ufer. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel und so ist beispielsweise ein Cheval Blanc aus Saint-Emilion nach 10 Jahren noch immer unglaublich jung, wohingegen eine Flasche Léoville-Barton aus Saint-Julien hier schon am absoluten Höhepunkt sein kann und mit sehr gereiften Aromen überzeugt. Dies liegt jedoch immer am Stil des, Châteaux und den Jahrgang.

Große Bordeauxjahrgänge zum lagern

Der Jahrgang ist ein entscheidender Faktor für eine lange Lagerfähigkeit eines Spitzenbordeaux. Das Terroir spielt hier eine große Rolle. Eine Parzelle die immer eine hohe Wasserversorgung und tiefe Böden hat, wird nie so komplexe Weine mit gereiften Aromen zum Vorschein bringen, wie ein Weinberg mit kargen Böden, wo der Rebstock auch etwas mit den Wasserreserven haushalten muss und dadurch konzentriertere Trauben produziert.

JahrgängeDie großen Jahrgänge in Bordeaux begannen zweifelsohne mit dem Jahr 1945 und den gleich darauffolgenden Jahr 1947 diese Weine läuteten eine neue Ära ein und brillieren heute noch mit Kraft und Eleganz. Der Mouton 1945 gilt bis heute als Meisterwerk des damaligen Önologen Raul Blondin, der es schaffte durch extreme Erntereduktion, sehr konzertierte Trauben zu lesen und dadurch einen vollkommen komplexen Wein zu kreieren. Der Jahrgang 1947 ist fast noch eine Spur höher einzuschätzen, da hier die Qualität in nahezu allen Appellationen herausragend war, hier muss man eindeutig den Cheval Blanc hervorheben, der noch immer als bester Wein des Châteaux gilt. In den Fünfzigern und Sechzigern folgten mit den Jahren 1955, 59 und 61 weitere große Jahrgänge. Eine neue Ära leiteten die Weine ab den 1980ern ein. Durch die Modernisierung der Châteaux entstanden immer hochwertigere Qualitäten und die Abfüllung am Weingut, was heute als Standard gilt, hat sich hier bereits großflächig durchgesetzt, wodurch alle Flaschen die gleiche Qualität erhielten. Daraus folgten die großen Jahrgänge der 80er wie 1982 und 1986. In den 90er Jahren folgten gleich darauf auch sehr gute Jahrgänge wie 1995 im Mèdoc und 1996 mit Fokus am rechten Ufer. Diese Weine der großen Jahrgänge sind heute allesamt in einem unglaublichen Genussfenster und gelten als wahre Schätze. Ein wichtiger Punkt hierbei ist immer, dass die Châteaux nur perfektes Traubengut verarbeiteten um so einen hochwertigen Wein und langlebigen Wein zu erzeugen. Man kann daher davon ausgehen, dass die bei allen 1er und 2me Cru Classé’s aus dem Mèdoc, sowie den Grand Cru Classés aus Saint-Emilion, diese Voraussetzungen zutreffen. Die Weine aus den 1980ern und 90er sind aktuell sicher die elegantesten Bordeaux wo man noch immer sehr leistbare Weine finden kann. Diese Weine sind aktuell in einem optimalen Trinkzustand und machen sehr viel Trinkfreude. Die Jahrgänge 1995 und 1996 zeigen sich nach gut 20 Jahren sehr geschmeidig, rund und geprägt von gereiften Aromen. Die Weine der 1980er sind hingegen eher Tannin geprägt und fast jugendlicher als jene von 95 und 96. Um die Jahrtausendwende folgten mit den Jahrgängen 1998, 2000 und 2003 drei weitere großartige Jahrgänge. Dessen Weine von vielen Châteaux sind nun bereits wunderbar zu verkosten, andere können aus diesen Jahren mit Sicherheit noch einige Jahre weggelegt werden.

Einen gereiften Bordeaux öffnen

© Cos d'Estournel

© Cos d’Estournel

Man sollte keine Angst haben einen alten Bordeaux zu öffnen. Nahezu alle Weine des 20. Jahrhunderts aus den großen Jahren sind nun in bester Trinkreife und werden durch längere Lagerung sicher nicht mehr viel dazugewinnen. Der erste Schritt sollte sein, den Wein aufzustellen und auf rund 16°-18° über einige Stunden zu temperieren, hierbei kann man auch den Füllstand der Flasche erkennen. Bordeaux werden grundsätzlich fast bis zum Kork gefüllt, jedoch entschwindet durch die Verdunstung etwas an Wein, grundsätzlich gilt, desto höher desto besser, bei sehr alten Flaschen (+ 30 Jahre), darf der Füllstand aber auch schon einmal an der oberen Schulter liegen. Durch das Aufstellen setzen sich die Sedimente am Boden ab und der Wein lässt sich dadurch leichter ausgießen. Alte Korken können leicht in die Flasche hineinrutschen, deswegen muss man hier sehr gefühlvoll sein und den Kork am besten mit einem Korkenzieher, der eine breite Spindel besitzt, herausziehen. Wenn der Korken brüchig ist, dann hilft ein schneller, kraftvoller Ruck und weniger ein gefühlvolles, langsames herausziehen. Nach einer Probe sollte entschieden werden, ob der Wein dekantiert werden soll oder nicht. Normalerweise brauchen alte Weine kaum mehr Sauerstoff, jedoch haben viele reife Bordeaux ein Depot, dass man durchs dekantieren in eine schmale Karaffe in der Flasche lässt. Andere Weine, wie etwa Lafite-Rothschild, brauchen immer etwas Luft und daher empfiehlt es sich, diese Weine in eine breitere Karaffe zu geben. Da ältere Weine sehr anfällig für Oxidation sind sollte man sehr vorsichtig sein und den Wein zu Beginn nicht mit zu viel Sauerstoff in Kontakt bringen. Mehr Informationen dazu in unserem Blobeitrag zum Thema „eine alte Flasche Wein servieren„.

Gereifte Weine sind natürlich umwerfend Solo zu genießen, wenn man sie richtig einsetzt kann man einen reifen Bordeaux auch wunderbar zu kräftigen Hauptspeisen, wie etwa einen Hirschfilet, genießen. Reife Bordeaux passen durch ihre reifen Beerennoten aber auch wunderbar zu Desserts mit dunkler Schokolade oder zu einem kräftigen Käse zum Abschluss eines genussvollen Abends.

Sie sind auf den Geschmack gekommen? Kein Problem, wir haben einige Schätze aus unserem Archiv ausgegraben die wir Ihnen nun in optimaler Trinkreife zur Verfügung stellen. Lassen Sie sich von der Kernigkeit und Kraft des Latour 1998 überzeugen, oder genießen Sie den eleganten Haut-Brion 2000 zu einem kräftigen Käse. Diese Weine bieten nun einen unvergesslichen Genuss und bieten ein unglaubliches Weinerlebnis.

Drei Raritäten zum Entdecken:

Château Pontet-Canet 2000

1050_2012NM_cPontet-Canet ist sicher eines der aufstrebendsten Châteaux der letzten 3. Jahrzehnte. Eigentlich nur als 5. Grand Cru Classé von 1855 eingestuft, kann man es heute getrost auf einer Stufe mit den 2. Grand Cru Classé einstufen. Die Weine von Pontet-Canet werden seit langem im Einklang mit der Natur erzeugt. Heute arbeitet das Château biodynamisch und legt höchsten Wert auf bestes Traubengut.

Der 2000er Pontet-Canet zeigt sich heute unglaublich kraftvoll und trotzdem sehr ausgeglichen. In der Nase dominieren noch immer Aromen von Waldbeeren mit gereiften Noten nach Kirschen. Am Gaumen ist dieser Wein trotz seines Alters unglaublich fruchtig-mild. Die Tannine sind perfekt eingebunden und präsentieren sich mit einer eleganten würzigen Note im Abgang. Dieser Pauillac ist jetzt sicher auf der Spitze und macht unglaubliche Trinkfreude.

Château Pontet-Canet 2000 

 

Château Vieux Certan 1998

1194_2012NM_cDas Château Vieux Certan ist das älteste bekannte Weingut im Pomerol. Die Weinberge des Châteaux liegen im Zentrum von Pomerol, in Mitten des Lehm-Plateaus. Der Wein stammt aus dem herausragenden Jahrgang 1998, der im Pomerol besonders elegant ausfiel.

Der Wein ist eine Cuvée mit einem relativ großen Anteil an Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Dies macht den Vieux Certan zu einem Pomerol mit dem höchsten Lagerpotenzial und strotzt noch immer von Jugendlichkeit. In der Nase zeigt der Wein Noten nach Cassis und sehr gereiften Brombeeren. Am Gaumen domminieren Noten nach Beerenkonfitüre und Zedernholz, mit einer eleganten Würze im Abgang. Dieser Wein kann noch mindestens 10 Jahre gelagert werden, kann aber auch jetzt schon genossen werden.

Château Vieux-Certan 1998 

Domaine de Chevalier 1986

1072_2005NM_cDie Domaine de Chevalier wurde im Jahr 1983 von der Familie Bernard gekauft und seitdem mit unglaublichen Qualitätsbewusstsein fortgeführt. Die Appellation Pessac-Leognan wurde erst 1987 gegründet und gilt als eine der aufstrebensten Appellationen der letzten beiden Jahrzehnte.

Der Domaine de Chevalier 1986 ist im Glas noch immer rubinrot, mit einer leichten Randaufhellung. In der Nase offenbart dieser traumhaft gereiften Pessac-Leognan ein Bukett nach gedörrten Früchten und etwas frisch gemahlenen Pfeffer. Am Gaumen ist dieser Wein perfekt ausbalanciert und bietet ein extrem Breites Spektrum an Aromen, wie etwa Gewürze und ein Hauch Erdbeermarmelade. Der Domaine de Chevalier 1986 ist nun perfekt reif und ein wunderbarer Wein für Liebhaber eines gereiften Bordeaux!

Domaine de Chevalier 1986
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Über Peter Prisching

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